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Tribunal de Derecho Administrativo de Berlin aplica el decision “Chakroun” a un caso de reunión familar

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG Berlin) hat erstmals das Chakroun – Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur sogenannten Familiennachzugsrichtlinie in einem Verfahren berücksichtigt, bei dem das Visum zur Familienzusammenführung für zwei Kinder wegen nicht ausreichender finanzieller Mittel verweigert wurde. Es hat entschieden, dass bei der Berechnung des Lebensunterhalts eines Ausländers, der nach Deutschland einreisen will, die Erwerbstätigenfreibeträge nach dem SGB II  nicht vom Familieneinkommen abzuziehen sind, siehe Urteil des VG Berlin vom 17.06.2010, Az.: VG 15 K 239/09 V.

Nach dem Aufenthaltsgesetz setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels für Ausländer voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Von dem bei der Berechnung zugrunde zu legenden Einkommen sind – seit einer Änderung der Rechtsprechung im Jahre 2007 – die sogenannten Freibeträge nach §§ 11 Abs. 2, 30 SGB II abzuziehen.

Die 15. Kammer des VG hält diese Praxis vor dem Hintergrund der Chakroun – Entscheidung des EuGH nicht mehr für zulässig. Der EuGH habe den Begriff der “Sozialhilfeleistung” als eine Hilfe definiert, die gewährt werde, um einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften zum Bestreiten des notwendigen Lebensunterhalts auszugleichen. Daraus ergibt sich nach Auffassung der 15. Kammer, dass die Freibeträge bei Erwerbstätigkeit nicht mehr abgezogen werden dürfen, weil diese nicht zur Deckung des Lebensunterhalts dienten, sondern einen Arbeitsanreiz darstellten. Im konkreten Fall durfte den Klägern daher der rechnerische Fehlbetrag von 87,39 EUR nicht entgegen gehalten werden.

Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig, es wurde bereits Berufung bei dem OVG Berlin-Brandenburg eingelegt.

siehe auch Pressemitteilung Nr. 39/2010 des VG Berlin vom 17.06.2010