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BVerwG zum Zeitpunkt für die Beurteilung der Rücknahme von Aufenthaltstiteln

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)  in Leipzig hat in einem Urteil vom 13.04.2010, Az 1 C 10.09, entschieden, dass bei der Rücknahme von Aufenthaltserlaubnissen und Niederlassungserlaubnissen Änderungen der Sach- und Rechtslage, die nach Abschluss des behördlichen Verfahrens eingetreten sind, von den Tatsachengerichten (Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte) zu berücksichtigen sind. Damit wurde jetzt die jüngste Rechtsprechung zur Ausweisung (Verlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die gerichtliche Beurteilung von Ausweisungen, vgl. Urteil vom 15. 11.2007, Az. BVerwG 1 C 45.06) auch auf die Fälle der Aufenthaltsbeendigung durch Rücknahme oder Widerruf eines unbefristeten Aufenthaltstitels übertragen.

In dem Verfahren ging es um die Rücknahme  einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis mit Wirkung für die Zukunft durch die Ausländerbehörde im Jahr 2002. Das Oberverwaltungsgericht hatte den Bescheid einschließlich der darin enthaltenen Ermessensausübung für rechtmäßig gehalten und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat es – entsprechend der bisherigen Rechtsprechung – auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier den Widerspruchsbescheid im Jahr 2003, und nicht auf den Zeitpunkt seiner gerichtlichen Entscheidung, hier im Jahr 2008, 5 Jahre später, abgestellt.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass nunmehr wie bei der Ausweisung auch bei Rücknahme eines Aufenthaltstitels grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist. Ein möglicher Eingriff in das Privat- und Familienleben sei aufgrund der aktuellen, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage zu beurteilen.

BVerwG 1 C 10.09 – Urteil vom 13. April 2010