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SGB II – Antrag für jeden neuen Bewilligungszeitraum nötig

Wer nach dem Ende eines Bewilligungszeitraums von Hartz IV – Leistungen weiterhin Leistungen benötigt, muss nach § 37 SGB II immer einen neuen Antrag beim Jobcenter stellen.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 18.01.2011 (Az. 4 AS 99/10 R) die Revision des Klägers zurückgewiesen, der seinen Antrag erst ca. 3 Wochen nach dem Auslaufen des letzten Bewilligungsbescheides am 31.12.2007 gestellt und dem das Jobcenter die Leistungen nicht rückwirkend ab dem 01.01.2008 gezahlt hatte. Das Bundessozialgericht ist der Ansicht, dass er keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in diesem Zeitraum hat, weil es an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II für den streitigen Zeitraum mangele. Es sei vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von Leistungen im direkten Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt werde. Der Antrag im SGB II habe konstitutive Wirkung. Anders als im Sozialhilferecht sei die Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit nicht bereits anspruchsauslösend. Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X einzuräumen. § 37 SGB II normiere keine gesetzliche Frist. Ebenso wenig stünden ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu. Es mangele bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Sie sei ihrer Verpflichtung zur zeitnahen Information der Leistungsempfänger vor dem Ende des Bewilligungsabschnitts nachgekommen, indem sie im Juli 2008 auf das Erfordernis der Antragstellung auch für den Fall der Fortzahlung über den 31.8.2008 hinaus hingewiesen und einen entsprechenden Antrag übersandt habe.

Vorinstanzen:

SG Gelsenkirchen – S 35 AS 31/09 –
LSG Nordrhein-Westfalen – L 6 AS 40/09 –

Hintergrund:

Das Urteil ist Bestandteil der höchstgerichtlichen Klärung der Bedeutung des Antrages auf Leistungen und der Auslegung des § 37 SGB II, der lautet:

§ 37 Antragserfordernis
(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden auf Antrag erbracht.
(2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. (…)

Im Sozialhilferecht gilt an sich der althergebrachte Grundsatz, dass ein einmal gestellter Antrag für die Zukunft fortwirkt, solange der Hilfebedarf noch besteht. Die Behörde muss ferner bei Kenntnis von Tatsachen, die einen Anspruch auf Leistungen begründen, von Amts wegen tätig werden, ohne dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt werden müsste. Diese erleichterten Anforderungen folgen aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG. Sie dienen dem Schutz von Hilfebedürftigen und sollen verhindern, dass die das Existenzminimum sichernden Leistungen nicht rechtzeitig gewährt werden.

Fraglich war, ob diese Grundsätze auch für die „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ nach dem SGB II gelten.

Die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II dient, ebenso wie die frühere Sozialhilfe nach dem BSHG oder die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII, der Sicherung des physischen und sozio-kulturellen Existenzminimums. Zu ihren Beziehern gehören auch viele Erwerbsunfähige, die als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 SGB II auf das Sozialgeld nach § 28 SGB II verwiesen sind.

Die Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts schafft nun ein zweifelhaftes Sonderrecht für die Sozialhilfe in Gestalt des SGB II, das im Ergebnis allein den fiskalischen Interessen der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen förderlich sein dürfte.