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Generalanwalt: SGB II – Leistungsausschluss für arbeitssuchende Unionsbürger

Nach Ansicht von Generalanwalt Melchior Wathelet dürfen Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche in einen Mitgliedstaat begeben, deren Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, vom Bezug bestimmter Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Wenn jedoch die betreffende Person dort bereits eine Beschäftigung ausgeübt hat, dürfen ihr derartige Leistungen nicht automatisch ohne individuelle Prüfung verweigert werden, Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-67/14 (Jobcenter Berlin Neukölln / Familie Alimanovic) vom 26. März 2015, bei der der Europäische Gerichtshof die Frage entscheiden muss, ob Hartz IV – Leistungen nach § 7 SGB II auch einem Unionsbürger verweigert werden dürfen, der auf Arbeitsuche ist, nachdem er eine Zeit lang im Aufnahmemitgliedstaat gearbeitet hat.

Der Generalanwalt weist allerdings auch darauf hin, dass die Kinder (und damit auch die sorgeberechtigten Eltern) ein Recht auf Aufenthalt und unbeschränkten Zugang zu existenzsichernden Leistungen haben können, wenn nachgewiesen ist, dass die Kinder ihrer Schulausbildung in einer in Deutschland gelegenen Einrichtung regelmäßig nachkommen. Denn Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, und dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, stehe ein Recht auf Aufenthalt in diesem Staat nämlich allein deshalb zu, weil das Unionsrecht diesen Kindern ein Recht auf Zugang zur Ausbildung verleihe. Dieses Recht sei nicht von der Erfüllung der in der „Unionsbürgerrichtlinie“ vorgesehenen Voraussetzungen (zu denen u. a. ausreichende Existenzmittel und ein umfassender Krankenversicherungsschutz gehören) abhängig. Unter diesen Bedingungen fände der von den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehene Ausschluss von den Sozialhilfeleistungen weder auf die Mutter auf die zur Schule gehenden jüngeren Kinder Anwendung. Der Ausschluss nach § 7 SGB II setzt nämlich voraus, dass sich das Freizügigkeitsrecht „allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt“. Diese Sachfragen sind nach Ansicht des Generalanwalts noch vom Bundessozialgericht zu überprüfen.

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend. Nun muss man gespannt sein, ob der EuGH die Frage, die das BSG dem EuGH vorgelegt hat, beantwortet oder eine klare Antwort vermeidet, indem es darauf abstellt, dass schon die Schulbildung der Kinder einen bedingungslosen Aufenthalt und Zugang zu Leistungen ermöglicht.

Es ist weiterhin anzuraten, die eigene Arbeitssuche und seine Bewerbungen gut zu dokumentieren, damit im Zweifel die „effektive und tatsächliche Beschäftigungssuche“ nachgewiesen werden kann.