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Bei Sanktion gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft keine kopfteiligen Mietkosten (KdU)

Nach einer Entscheidung des Landessozialgericht NRW hat eine Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Weiterzahlung der vollen angemessenen oder ungekürzten MIetkosten, auch wenn gegen ein Mitglied der BG eine Sanktion verhängt wurde.

In dem Fall ging es um eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft, bei der einem Mitglied der BG auf der Grundlage eines bestandskräftigen Sanktionsbescheids
der Anspruch auf die Kosten der Unterkunft (KdU) vollständig entzogen wurde. Hier sei für die Anwendung des Kopfteilprinzips in dieser Zeit ausnahmsweise dann kein Raum, so das LSG NRW.

Das LSG ist der Ansicht, dass die Anrechnung des auf das volljährige, santionierte Kind entfallenden Kopfteils als fiktivem Anteil zulasten der Eltern entgegen stehe, dass dann ihre (tatsächlichen) Aufwendungen nicht mehr gedeckt seien. Damit werde die durch die Aufteilung nach Kopfanteilen verfolgte
Zielsetzung konterkariert. Denn die Aufteilung rechtfertige sich nicht nur daraus, dass die Wohnung gemeinsam mit anderen Personen genutzt werde, sondern dass der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf gerade mehrerer Personen gedeckt werde. Mit dem anteiligen Wegfall bei der Übernahme
der Aufwendungen komme es aber es zu einer (vorübergehenden) Unterdeckung eines bisher durch die gemeinsame Nutzung dieser Wohnung gedeckten Bedarfs und Anspruchs, da die Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Zahlung der KdU im Außenverhältnis unverändert fortbestehe.

Wenn mit der Anrechnung des Kopfteils eine Lücke im eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entstanden sei, werde ihnen (mittelbar) ein Fehlverhalten zugerechnet, auf das sie jedenfalls bei über 18jährigen Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Einfluss hätten. Eine Auflösung der Bedarfsgemeinschaft entspreche nicht den mit den speziellen Bestimmungen für diesen Personenkreis verfolgten wirtschaftlichen und pädagogisch wirkenden Absichten. Die Auswirkungen auf (die) andere(n) Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft widerspreche auch dem personenbezogenen Charakter der Sanktion. Sanktionen nach § 31 SGB II a.F. hätten den Zweck, einen Pflichtverstoß zu ahnden und/oder unzureichenden Bemühungen zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit entgegenzuwirken. Sie richteten sich deshalb sinnfällig nur gegen die Person, die sich pflicht- oder sozialwidrig verhalten hat. Noch deutlicher sei das bei den strengeren Sanktionen gegen jüngere Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die einen erzieherischen Effekt erreichen sollten. Gehörten wie hier im Leistungszeitraum minderjährige Kinder der Bedarfsgemeinschaft an, widerspreche jedenfalls dann die Unterdeckung der KdU durch Anrechnung eines fiktiven Kopfanteils auch deren besonderem Bedarf. Müsste der Kopfanteil des sanktionierten Mitglieds von den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft übernommen und aus dem Regelbedarf bestritten werden, würden sich die grundsätzlich verbliebenen Handlungsspielräume noch einmal zusätzlich einengen. Bei Berücksichtigung des fiktiven Kopfanteils in diesen und vergleichbaren Fällen würde mittelbar nicht nur der individuelle Anspruch auf Deckung der tatsächlichen/angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unterlaufen. Darüber hinaus wäre der Leistungsträger der wirtschaftliche Nutznießer der Sanktion – zulasten der anderen Leistungsberechtigten der Bedarfsgemeinschaft. Diese würden durch den ungedeckten Anteil an KdU mit Schulden belastet und/oder der auf eine bestimmte Wohnung mit ungemessenen Aufwendungen gerichtete Wohnbedarf wäre gefährdet.

– LSG NRW, Urteil vom 22.03.2012, L 6 AS 1589/10 –

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage wurde Revision zugelassen. Die Revision ist beim Bundessozialgericht und dem Az. B 4 AS 67/12 R anhängig.