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Verpflichtungserklärung für Aufenthalt – Jobcenter verlangt Erstattung

Am 24.01.2019 erfolgte eine Einigung zwischen Bund und Ländern zum Umgang mit Forderungen aus Verpflichtungserklärungen für syrische Kontingentflüchtlinge. Kurze Zeit später wurde von der Bundesagentur für Arbeit die am 01.03.2019 ergangene „Weisung 201903003 vom 01.03.2019 – Umgang mit den Erstattungsforderungen aus Verpflichtungserklärungen nach §§ 68, 68a Aufenthaltsgesetz im Rahmen der Landesaufnahmeprogramme“ veröffentlicht.

Mit der Weisung 2019033 der Bundesagentur für Arbeit vom 01.03.2019 werden Regelungen zum Umgang mit den Erstattungsforderungen aus Verpflichtungserklärungen, die im Rahmen der Landesaufnahmeprogramme vor dem 06.08.2016 abgegeben wurden, getroffen. Die Weisung soll sowohl für bereits festgesetzte Forderungen,  nabhängig von der Bestandskraft, als auch für noch nicht festgesetzte Forderungen gelten.

Die Weisung regelt sodann unter Punkt 3.II., dass das Ermessen dahingehend auszuüben ist, dass von einer Heranziehung der Verpflichtungsgeber abzusehen ist, wenn einer  er nachstehenden Fälle der Nr. 1 – . Der wichtigste fall ist der nach Nr. 2:

die Verpflichtungserklärung wurde auf dem bundeseinheitlich verwendeten oder einem inhaltlich entsprechenden Formular abgegeben, das eine Haftung „bis zur Beendigung des Aufenthaltes […] oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ vorsah“

Die Entscheidungspraxis der Jobcenter in Berlin ist insgesamt nicht einheitlich. Ich habe positive Entscheidungen der Jobcenter Spandau, Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Berlin Mitte, bekannt sind diese auch vom Jobcenter Steglitz-Zehlendorf. Andere Jobcenter weigern sich, die bundesweite Lösung umzusetzen und wollen die Forderungen durchsetzten. Sie führen an. dass eine weitere Zusatzerklärung zur Verpflichtungserklärung, die in Berlin verwendet wurde, eine ausreichende Auflärung über die weitergehende Haftung bedeute. Die Rechtsfragen sind mittlerweile beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängig.

Zum Hintergrund:

Seit ca Juli 2018 greifen die Jobcenter in Berlin auf die Verpflichtungserklärungen für syrische Kontingentflüchtlinge zurück und fordern nach und nach die Erstattung von erbrachten Leistungen nach dem SGB II. Sie versenden dazu Anhörungsschreiben oder gleich Bescheide, mit denen die Forderung festgesetzt wird. Die Höhe der Forderung ist häufig existenzgefährdend. Wenn Sie ein solches Schreiben erhalten, sollten Sie spätestens binnen 14 Tagen die Verpflichtungserklärung anfechten und sich auch fachkundigen Rat und Unterstützung für die Auseinandersetzung mit dem Jobcenter suchen. Wenn die Verpflichtungserklärung nicht durch die Anfechtung nichtig geworden ist, dann ist auch prüfen, ob die Forderung verjährt, in Teilen unberechtigt oder der Höhe nach unverhältnismäßig ist. Bei der Abwehr der Forderung des Jobcenters stehe ich Ihnen gerne zur Seite.

Die Erteilung eines Visums und/oder einer Aufenthaltserlaubnis kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Abgabe einer sog. Verpflichtungserklärung auf der Grundlage von § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. In diesem Fall haftet ein Dritter für die Sicherung des Lebensunterhaltes des Ausländers bis zu seiner Rückkehr/Abschiebung. Da der Leistungsberechtigte selber über die Verpflichtungserklärung keine Ansprüche gegenüber den Verpflichteten ableiten kann, dürfen Sozialleistungen nicht unter Hinweis auf eine Verpflichtungserklärung abgelehnt werden, wenn dieser die Leistungen nicht erbringt. Der zuständige Leistungsträger, meistens das Jobcenter, ist in diesem Fall verpflichtet, die Leistungen zu gewähren. Der Verpflichtete ist aber Rückforderungsansprüchen der  Behörde ausgesetzt.

Zur Frage, ob die Haftung aus einer Verpflichtungserklärung für – zumeist syrische –  Flüchtlinge, die nach § 23 AufenthG aufgenommen wurden (sog. Kontingentflüchtlinge), auch nach Asylantrag  und erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens mit Erteilung eine anderen Aufenthaltserlaubnis andauert, gab und gibt es unterschiedliche Ansichten. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch am 26.01.2017 entschieden, dass der Verpflichtungsgeber, der sich verpflichtet, für die Kosten des Lebensunterhalts eines syrischen Flüchtlinge vom Tag der Einreise bis zur Beendigung des Aufenthalts oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck aufzukommen, für die Kosten auch dann noch haftet, wenn den Ausländern nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens eine andere Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Der ursprüngliche Zweck des Aufenthaltes – Schutz vor bürgerkriegsbedingten Lebensbedingungen in Syrien – sei hierdurch weder entfallen, noch ersetzt worden.

Die Rechtslage hat sich durch das Integrationsgesetz seit dem 06.08.2016 teilweise geändert.

Der § 68 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz wurde neu gefasst. Künftig gilt die Verpflichtungserklärung für die Dauer von 5 Jahren. Der Zeitraum beginnt mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers und erlischt vor Ablauf dieses Zeitraums nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kap. 2 Abschnitt 5 oder durch Anerkennung nach § 3 oder 4 AsylG.

Die Übergangsregelung in § 68a AufenthG sieht u.a. vor, dass § 68 Absatz 1 Satz 1 bis 3 auch für vor dem 6. August 2016 abgegebene Verpflichtungserklärungen gilt, jedoch mit der Maßgabe, dass die Verpflichtung nicht für 5, sondern nur für einen Zeitraum von drei Jahren tritt.